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Mein Buch zu meiner journalistischen Reise mit dem Fahrrad an der deutsch-polnischen Grenze in diesem Sommer ist in Arbeit. Der Verlag Andreas Reiffer hat den
Mein Buch zu meiner journalistischen Reise mit dem Fahrrad an der deutsch-polnischen Grenze in diesem Sommer ist in Arbeit. Der Verlag Andreas Reiffer hat den
Monika Szymanik sammelt Geschichten. „Und es kommen immer mehr Geschichten auf mich zu“, so die 47-Jährige in ihrem kleinen Café in der Stettiner Altstadt. „Zuerst habe ich mich nur in den Fußboden verliebt und hätte mir nie träumen lassen, welche Schätze hier verborgen sind. Und jetzt ist dieser Ort mein Leben, in dem ich alles verbinden kann, was mir wichtig ist: Bücher, Kaffee, Begegnungen mit Menschen und deren Geschichten.
In Görlitz am Untermarkt sitzen Wissenschaftler*innen aus aller Welt zusammen und arbeiten interdisziplinär an aktuellen globalen Herausforderungen. „Wir arbeiten mit Datenbanken und haben Zugriff auf die schnellsten Supercomputer der Welt, aber wir sind kein reines IT-Institut“, stellt Dr. Michael Bussmann, Gründungsbeauftrager des Casus in Görlitz klar. CASUS steht für Center for Advanced Systems Understanding. Das Zentrum für datenintensive Systemforschung wurde nach einer Projektphase 2022 als polnisch-deutsches Forschungszentrum in Görlitz gegründet. Gearbeitet wird an Fragen aus Physik, Biologie, Medizin, Krebsforschung, Management von Pandemien oder Klimawandel.
Die sächsische Kleinstadt Weißwasser in der Lausitz hat der Strukturwandel in den letzten 30 Jahren hart getroffen. Mehr als die Hälfte der Einwohner*innen haben die Stadt, die einst für Glasindustrie bekannt war, nach der Wende verlassen. Noch ist der Bevölkerungsrückgang nicht gestoppt und der Strukturwandel nicht beendet. Wenige Kilometer vom Zentrum der Kleinstadt liegen der Tagebau Nochten und das Kraftwerk Boxberg. Da das Kraftwerk zu den neueren gehört, soll es nach derzeitigen Plänen noch bis 2038 betrieben und die Kohle dafür abgebaggert werden.
Ewa Johna hat einen sehr besonderen Arbeitsplatz. Ihr Büro befindet sich in der Orangerie des Muskauer Parks. Von ihrem Fenster blickt sie in die Weite des 830 Hektar großen Landschaftsparks im englischen Stil aus dem 19. Jahrhundert. Die Landschaftsarchitektin hat ihre Diplomarbeit über den Park geschrieben und ist seit 2000 Koordinatorin für deutsch-polnische Zusammenarbeit im Muskauer Park bzw. Park Mużakowski, wie er sich auf Polnisch nennt.
Wielotów – ein kleines Dorf mit etwa 100 Einwohnern im ländlichen Polen zwischen den beiden Kleinstädten Guben/Gubin und Forst etwa zehn Kilometer östlich der Neiße. Hier hat Dorota Schewior mit viel Mut, Ausdauer und Fleiß ihren Traum verwirklicht: einen Spargel-Himbeerhof. Er hat sich zu einem Ausflugsziel für Menschen aus dem Umkreis von 50 Kilometern und mehr entwickelt. „In den ersten Jahren kamen überwiegend Rentner aus Deutschland und heute kommen viele Familien mit Kindern aus Polen und Deutschland, um hier ein paar schöne Stunden zu verbringen“, so die Chefin des Betriebes.
Lidia Fiedorowicz ist sofort bereit, ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Die 90-Jährige kommt mit einer Gehhilfe aus der Küche in das Esszimmer ihres Gubiner Vorkriegshauses und setzt sich an den Tisch mit grüner Tischdecke. Keine Einführung, keine Fragen, sie fängt sofort an: „Geboren bin ich am 5. Mai 1933 in Krasne. Ich fühle mich sehr alt, zu alt, um mir noch neue Zähne machen zu lassen. Aber im Kopf fühle ich mich nicht alt.“ Lidia erzählt lebendig und ausführlich. Anita Carewicz, die dolmetscht, versucht immer wieder zu unterbrechen, um zu Übersetzen. „Ich bin Polin“, stellt Lidia sofort klar.“ Ihr Geburtsort liegt im Südwesten der heutigen Ukraine, etwa 70 Kilometer westlich von Lemberg in dem historischen Gebiet Podolien. Bis 1939 war das Gebiet polnisch. Sie erzählt von ihrem Elternhaus als ein Steinhaus in dem Dorf mit etwa 2000 Einwohnern. „Wir hatten sechs jüdische und drei polnische Geschäfte, die vor allem Lebensmittel und Haushaltschemikalien verkauften.“
Sahra Damus ist Mitglied des Landtages Brandenburg und der Stadtverordnetenversammlung von Frankfurt (Oder) für Bündnis 90/Die Grünen. Sie ist gerade mitten in ihrer Sommertour unter dem Motto ‚Hallo Nachbar*in – Unterwegs zur Nachbarsprache Polnisch und unserem gemeinsamen Grenzfluss Oder.‘ „Eins meiner Herzensthemen und mein aktuelles Hauptthema ist die Oder. Es vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht mit oder an der Oder beschäftigte.“
„Frankfurt (Oder) Słubice – Ohne Grenzen – Bez granic“, so heißt es in dem Logo, auf das sich die Doppelstadt bereits vor über zehn Jahren geeinigt hat. Dieses Motto mit Leben zu erfüllen und schrittweise umzusetzen, hat sich Sören Bollmann, Leiter des städtischen Frankfurt-Słubicer Kooperationszentrums, zur Aufgabe gemacht. Eine Lebensaufgabe.
Ewa Drewniak hat einen Master in Umweltschutz von der Universität in Stettin und ist in mehreren Naturschutzorganisation in Polen aktiv. Ihre Berufung hat sie aber in dem kleinen Ort Owczary oberhalb der Oder zwischen Kosztrzyn nad Odrą und Słubice. Das Besondere an diesem sonst unscheinbaren Ort mit einer Durchgangsstraße sind die etwa 30 Hektar Trockenrasen über dem Flusstal. Es gehört zu den größten und wichtigsten Trockenrasengebieten in Polen.
Izabella und Jacek Engel wohnen in der Nähe von Słońsk (Sonnenburg) direkt am Nationalpark Warthemündung (Ujście Warty). Er wurde 2001 gegründet und ist somit der jüngste Nationalpark Polens. Die beiden Forstwissenschaftler kamen 1982 von Warschau an die Warthe, die bei Kostrzyn (Küstrin), etwa 100 Kilometer östlich von Berlin, in Form eines Binnendeltas in die Oder fließt. Seitdem steht die Natur des Mündungsgebietes im Mittelpunkt ihres Lebens – beruflich, privat und ehrenamtlich.
Von der Küstriner Altstadt ist nichts übriggeblieben. Fast nichts. Die barocke Altstadt mit Marktplatz, Kirchen, Renaissanceschloss, engen Gassen mit Wohnhäusern liegt oder lag innerhalb einer Festung auf einer Landzunge zwischen der Mündung der Warthe in die Oder. Die Reichsstraße 1 führte durch diese Stadt. Heute kann man durch die Altstadt über alte Kopfsteinpflaster spazieren. An manchen Stellen sind die Bordsteine zum Fußgängerweg und die Gullydeckel noch erhalten. Auch einige Treppenstufen zu den Hauseingängen und Fundamente der Gebäude sind zu erkennen. Von Schloss und Kirche ist jeweils nur ein kleiner Steinhaufen übrig. Im Kampf um Küstrin gegen Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Stadt zu 90 Prozent zerstört. Tausende Menschen sind gestorben.
Vor dem hübschen Haus in dem kleinen Dorf Gozdowcie im Odertal stehen auf einem kleinen Tisch Gläser mit verschiedenen Honigsorten – aus verschiedenen Blüten, cremig, flüssig, aber auch in verschiedenen Farben. Es handelt sich um Honig, der mit Johannisbeeren oder Himbeeren angereichert ist. Bienen und Honig haben in der Familie Atroszko eine lange Tradition. Heute führen Jacek und seine Frau Marta den Betrieb in der dritten Generation weiter.
Bettwäsche, Handtücher, Bademäntel, Tischwäsche und Dienstkleidung pendeln stündlich von Berlin in den kleinen Ort Nowe Czarnowo südlich von Gryfino und zurück. Die Wäsche wird zwischen der Großwäscherei Fliegel und den Vier- und Fünfsternehotels in Berlin hin- und hertransportiert. Die Wäscherei entstand direkt neben dem Kraftwerk Dolna Odra. Durch das Kühlen der Turbinen entsteht Dampf und dieser Abfallprodukt wird als Energiequelle für die Wäscherei wiederverwendet.
Heute sitzen Jolanta Grenke und Edward Orlowski zufrieden vor einer riesigen Bücherwand auf dem Sofa in ihrem Gutshaus in Ramin während nebenan 18 Kinder und Jugendliche aus Polen, Deutschland und der Ukraine Stop-Motion-Filme erarbeiten. Die 9- bis 15-Jährigen nehmen an einem Feriencamp zum Thema ‚Ich zeige Dir mein Zuhause‘ teil. „Wir sind nur Gastgeber und sorgen für den Rahmen“, erklärt Grenke „Man könnte auch sagen, wir sind Eventmanager in unserem eigenen Haus. Der Weg dahin war lang und nicht immer einfach.“
Młodzieżowy Strajk Klimatyczny, auf Deutsch „Jugend-Klimastreik“ ist die polnische Fridays for Future Bewegung. Die Stettiner Gruppe bildete sich Anfang 2019 kurz vor dem ersten globalen Klimastreik im März 2019. Jetzt bereiten sie den nächsten globalen Klimastreik im September und Veranstaltungen zur Parlamentswahl in Polen im Oktober vor. Piotrek (19), Laura (17), Hanna (17) und Martin (21) geben einen Einblick in ihr Engagement und ihre Ziele.
Dana Jesswein will sich nicht entscheiden müssen, ob sie Deutsch oder Polnisch ist. „Stettin ist meine Heimatstadt, jetzt wohne ich in Mecklenburg-Vorpommern und arbeite in Brandenburg.“ Die 42-jährige Kulturmanagerin will nicht in Nationalstaaten denken. Sie spricht von Grenzidentität. „Die Grenzregion mit dem gemeinsamen Kulturraum zwischen Stettin und Berlin ist mein zu Hause. Und ich interessiere mich für die Welt, Kultur und das, was Menschen bewegt.“
Umweltschutzverbände haben es derzeit nicht leicht in Polen. Jakub Skorupski ist seit 2019 Vorsitzender der Umweltschutzorganisation „Verband der Grünen – GAJA“ mit Sitz in Stettin. Der Verein wird in diesem Jahr 30 Jahre alt. Waren es zu Spitzenzeiten 15 Mitarbeitende, so sind heute noch vier in dem mittlerweile viel zu großem Büro in einem Stettiner Hinterhof. Unterstützung vom polnischen Staat gibt es so gut wie gar nicht mehr. „Aber wir schaffen es, zu überleben“, versucht Jakub Optimismus zu verbreiten.
923 Grenzsäulen markieren zwischen dem Dreiländereck bei Zittau und dem Ostseestrand von Usedom den Verlauf der Deutsch-Polnischen Grenze. Sie ist rund 460 km lang und verläuft überwiegend entlang der Flüsse Oder und Lausitzer Neiße. Die Grenze berührt die Länder Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie die Woiwodschaften Niederschlesien (Dolny Śląsk), Lebus (Lubuskie) und Westpommern (Zachodniopomorskie). In der nächsten Woche geht es mit dem Fahrrad von Stettin wieder Richtung Süden nach Zittau, diesmal weitgehend auf polnischer Seite. In ein paar Tagen gibt es auf diesem Blog neue Geschichten von der Deutsch-Polnischen Grenze.
Mehrmals täglich pendelt Kutter Lütt Matten grenzenlos von Deutschland nach Polen und zurück. Der fast 70 Jahre alte Krabbenkutter fährt als Fährschiff zwischen Altwarp in Deutschland und Nowe Warpno in Polen hin und her. Die Strecke beträgt etwa 1500 Meter und dauert gut zehn Minuten. Eine Touristenattraktion im Süden des Stettiner Haffs, wo es sonst außer Wasser, Wald und Natur nicht viel mehr gibt.
Wo bis 1945 eine Kleinbahn Güter wie Kartoffeln, Getreide, Rüben, Obst, Gemüse oder Holz Richtung Stettin transportierte, sollen bald Fahrradfahrer auf der historischen Bahntrasse grenzenlos unterwegs sein können. Bürgermeister und Regionalmanager Mirko Ehmke hat sich für diesen grenzüberschreitenden Fahrradweg auf der ehemaligen Bahntrasse zwischen Casekow in der Uckermark bis an die Stadtgrenze von Stettin stark gemacht. In einem neugebauten Backsteinhäuschen, das Radfahrern als Rastplatz dienen soll, breitet er die Pläne aus und erklärt:
. „Damit wird unsere Region an das gut ausgebaute Fahrradnetz rund um Stettin angeschlossen.“
Siegfried Kapp hat 26 Jahre bei den Grenztruppen der DDR gedient – von 1964 bis 1982 bei den Grenztruppen West an der ehemaligen innerdeutschen Grenze und von 1982 bis 1990 bei den Grenztruppen Ost an der Grenze der DDR zu Polen. „An der Westgrenze gab es Grenzsicherung, hier im Osten Grenzüberwachung“, erklärt der 79-Jährige im Deutsch-Polnischen Grenzmuseum im Schloss Penkun in Mecklenburg-Vorpommern.
Border Studies ist eine eher junge Wissenschaft. Das multidisziplinäre Forschungsgebiet befasst sich mit den sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aspekten von Grenzen und Grenzregionen. Florian Weber (links) und Georg Wenzelburger sind Professoren an der Universität des Saarlandes und forschen zu Grenzen und Grenzregionen unter anderem an der deutsch-französischen und an der deutsch-polnischen Grenze.
Birgit Glowik ist fast eine Schlossherrin. Seit über 15 Jahren kümmert sie sich um Schloss Penkun, ein Pommerscher Landsitz umgeben von Seen in einer malerischen Landschaft – tagtäglich und das ehrenamtlich. In dem Schloss, das der Stadt Penkun gehört, befindet sich über drei Etagen in 44 Zimmern ein Museum. „Lassen Sie sich überraschen“, sagt die Schlossherrin und Museumsleiterin bevor sie ihre Besucher auf den Rundgang schickt. „Es ist wie eine Wundertüte.“
Aus einer Liebesgeschichte wurde das ‚Tal der Liebe‘. Anna von Humbert empfing 1850 ihren Mann, der als Politiker länger abwesend war, in dem von ihr gestalteten Landschaftspark mit dem Transparent: „Herzlich willkommen im Tal, das die Liebe geschaffen hat“. Anna und ihre Nachfahren erweiterten den Landschaftspark an den Oderhängen auf polnischer Seite gegenüber von Schwedt kontinuierlich. Das ‚Tal der Liebe‘ wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zum beliebten Ausflugsziel für Touristen aus Stettin, Berlin und Schwedt.
Schwedt hat sich für ein großes Sommer-Musikfestival rausgeputzt. Überall sind Bühnen aufgebaut. Von der historischen Innenstadt ist nach 1945 nicht viel übriggeblieben. Moderne Wohnanlagen mit bunt bepflanzten Balkons stehen neben wiederaufgebauten Kirchen aus Backsteinen. Riesige Fassadengemälde bringen Farbe in die Stadt und sorgen für manche Illusion. Schwedt nennt sich Nationalparkstadt. Dieser beginnt direkt an der Stadtgrenze und erstreckt sich über 60 Kilometer entlang der Oder. Es sieht nicht danach aus, dass hier die Lichter ausgehen. „Schwedt: Platz für morgen.“ Damit wirbt die Stadt.
Es ist heiß im Oderbruch. Während die Besucher und Besucherinnen des Festivals „Liederlauschen am Rand“ im Schatten abhängen, sind Christian Eckert und Lea Dittbrenner unentwegt auf dem Festival-Gelände unterwegs – zwischen Bühne und Backstage, zwischen Künstler*innen aus Polen und Deutschland, zwischen Gästen, Familie und Freunden, mit Handy und im Gespräch. Sie organisieren, koordinieren, wirken dabei entspannt und scheinen „Ihr“ Festival auch gleichzeitig zu genießen.
Sebastian Borchers tourt mit dem PolenMobil quer durch Deutschland, um bei Kindern und Jugendlichen Interesse und Neugier für Polen zu wecken. In Workshops, überwiegend an Schulen, begeistert er für die polnische Sprache und Kultur, vermittelt ganz nebenbei Landeskunde und polnische Geschichte, und diskutiert über Politik oder das deutsch-polnische Verhältnis. Das Polenmobil ist ein Projekt des Deutschen Polen-Institutes und der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit, das 2015 aus der Taufe gehoben wurde.
Thomas Berg spricht Klartext. Als Pfarrer nicht nur auf der Kanzel, sondern auch im Naturschutz als Vorsitzender des Nationalparkvereins „Unteres Odertal“. Es ist der einzige Flussauennationalpark in Deutschland. Er ist etwa 60 Kilometer lang und zwei bis acht Kilometer breit und erstreckt sich entlang des Westufers der Oder in Richtung Stettin. Gemeinsam mit zwei Landschaftsschutzparks auf polnischer Seite bildet das Odertal ein riesiges grenzüberschreitendes Schutzgebiet.
Ludolf von Maltzan bewirtschaftet in Brodowin im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin nord-östlich von Berlin auf 2300 Hektar den größten Demeter-Betrieb Deutschlands. Er könnte sich Großgrundbesitzer nennen. Doch das liegt ihm fern. Zu groß ist die Demut vor der Geschichte des Betriebes, der großen unternehmerischen Verantwortung, dem Respekt gegenüber Mitarbeitenden, Tieren und Pflanzen. „Wir zeigen, dass Landwirtschaft und Naturschutz, Nahrungsmittelproduktion und Artenschutz zu vereinbaren sind.“
Zu DDR-Zeiten sollte das Dorf Wulkow nördlich von Frankfurt (Oder) mit damals rund 150 Einwohnern „leergewohnt“ werden. Nach der Wende kam dank einer aktiven Dorfgemeinschaft mit Visionen der Aufschwung. Heute leben hier mehr als 200 Menschen – über ein Viertel mehr als zu Wendezeiten. Jetzt sucht das Dorf nach einer neuen Zukunft.
Polnisch als Schulfach hat am Karl-Liebknecht-Gymnasium in Frankfurt (Oder) eine lange Tradition. „Seit 1958 wird polnisch als dritte Fremdsprache angeboten“, so Schulleiter Torsten Kleefeld. „Frankfurt ist durch die Grenzziehung nach dem zweiten Weltkrieg eine geteilte Stadt, so dass Polen und die polnische Sprache immer eine Rolle spielten.“ Heute lernen mindestens ein Drittel der etwa 850 Schüler und Schülerinnen Polnisch auf verschiedenen Niveaustufen.
„Der Fischbestand in der Oder kann sich in einem Jahr nicht erholen“, so Dr. Christian Wolter von der Abteilung Biologie der Fische, Fischerei und Aquakultur am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in einem Telefoninterview. Das IGB ist das bundesweit größte und eines der international führenden Forschungszentren für Binnengewässer.
Es ist Mitte Juli, es ist heiß und trocken. Einige Gäste entspannen im Schatten, andere genießen frisch zubereitete Palatschinken mit frischen Erdbeeren, einige Kinder vertreiben sich die Zeit mit den Kaninchen, hier und da wird gewerkelt, die ersten Fahrradfahrer kommen erhitzt an, um ihr Zelt für das Nachtquartier aufzubauen. Steffi Bartel koordiniert freundlich und gelassen alle Wünsche. Gemeinsam mit ihrem Mann Norbert hat sie vor 19 Jahren den Naturerlebnishof in Kienitz im Oderbruch gegründet. „Wir hatten öfters schwere Zeiten, aber nach dem Fischsterben im letzten Sommer kämpfen wir ums Überleben – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch um unsere Existenz an der Oder.
Andre Schneider ist Fischer an der Oder in der sechsten Generation. Der traditionelle Familienbetrieb liegt etwas weiter südlich an der Oder. „Da der Betrieb für zwei Brüder mit Familien zu klein war, entschied mein Vater, einen eigenen, neuen Betrieb zu gründen.“ Andre war 17 Jahre alt, als die Familie nach Kuhbrücke in der Gemeinde Küstriner Vorland zog und einen neuen Betrieb aufbaute. Seitdem hat sich viel getan. „Wir sind kein traditioneller Fischereibetrieb mehr, sondern haben den Bereich Tourismus immer mehr ausgebaut.“
Mark Keck-Szajbel lebt im östlichen Brandenburg „in the middle of nowhere, dort wo ich in Amerika auch gelebt habe“, lacht der 44-Jährige. „Ich komme aus Kansas in Amerika.“ Heute lehrt und forscht er als promovierter Historiker und Philologe an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und lebt damit mitten in seinem Forschungsgebiet: Das kulturelle Nachleben der sozialistischen Staaten in Osteuropa.
Die Skulptur aus etwa drei Meter hohen Betonelementen, die mit spitzen Glasscherben gespickt ist, erinnert an eine Grenzmauer. Von oben betrachtet bilden die Betonelemente das Wort „Sorry“. Constance Krüger und René Pachmann haben sich dafür stark gemacht, dass diese Skulptur der polnischen Künstlerin Joanna Rajkowska nach Frankfurt (Oder) in den öffentlichen Raum kommt. Jetzt steht sie von Juni bis Oktober an der Oderpromenade direkt neben der Stadtbrücke, die Deutschland und Polen verbindet.
Valentin Franze ist Eisenhüttenstädter aus Überzeugung. Er ist hier aufgewachsen, ist zum Studium weggegangen und das vielleicht Überraschendste: Er ist wiedergekommen. In der Stadt gilt er als Rückkehrer. Vielleicht verbindet sich damit auch die Hoffnung, dass sich in Zukunft mehr junge Leute bewusst für die Stadt entscheiden.
Eisenhüttenstadt ist eine sozialistische Musterstadt, die am Reißbrett entwickelt wurde. Grund für die neue Stadt mitten in einem märkischen Kiefernwald in Brandenburg, war der Aufbau einer Schwerindustrie an der Oder. Für das neugegründete Stahlwerk neben dem mittelalterlichen Ort Fürstenberg brauchte man tausende von Arbeitskräften und somit auch Wohnraum.
Czesław Fiedorowicz ist überzeugt, dass wir starke Grenzregionen brauchen. „Von hier kommen wichtige Impulse für das eigene Land, aber auch für Europa. Nur wenn wir hier gut zusammenarbeiten, können wir es schaffen, dass in Polen und Deutschland irgendwann gleiche Lebensverhältnisse herrschen.“
Von der Oder mit Fahrrad und Zug nach Berlin und von dort aus mit dem Zug nach Helmstedt. Meine erste Etappe ist damit beendet und Ihr müsst Euch ein paar Tage gedulden, bis ich wieder neue Texte von der Deutsch-Polnischen Grenze veröffentliche. In knapp zwei Wochen geht es von Frankfurt/Oder weiter Richtung Norden und Stettiner Haff. Es gibt schon viele Ideen und interessante Menschen, die ich während der nächsten Etappe treffen werde.
Das Archiv verschwundener Orte in Forst ist das Ergebnis des verlorenen Kampfes der ehemaligen Bewohner von Horno um ihr Dorf. 15 Jahre haben die Menschen um den Erhalt des Lausitzer Dorfes mit 320 Einwohnern gekämpft. Vergeblich. Horno musste 2004 den Kohlebaggern weichen. Das ehemalige Dorf ist 2005 in der Mondlandschaft des Braunkohletagesbaus Jänschwalde verschwunden. Der Großteil der Menschen zog in den zwischen 2002 und 2004 neu aufgebauten Ort Neu-Horno, etwa fünfzehn Kilometer von dem alten Dorf entfernt.
Die Hochschule der Sächsischen Polizei hat ihren Sitz in Rothenburg/Oberlausitz, der östlichsten Kleinstadt Deutschlands. Pressesprecher Thomas Knaup erläutert, dass es Anfang der 90er Jahre eine politische Entscheidung war, diese Hochschule direkt an der polnischen Grenze auf einem Gelände der ehemaligen Luftstreitkräfte der Nationalen Volksarmee zu etablieren. Jährlich kommen 225 Studierende für das dreijährige Bachelorprogramm nach Rothenburg/Oberlausitz – etwa ein Drittel davon Frauen.
Manfred Nickel gehört zu der Volksgruppe der Sorben. Er lebt in Rohne, einem Ortsteil von Schleife im Landkreis Görlitz. Damit gehört er zu den Schleifer Sorben. Schätzungen gehen von etwa 60 000 Sorben aus, davon leben 40 000 in der Oberlausitz rund um Bautzen und 20 000 in der Niederlausitz rund um Cottbus. Die Gruppen unterscheiden sich durch Sprache, Trachten und Brauchtum. „Wir Schleifer Sorben sind zwar die kleinste Gruppe, aber auch wir haben unser eigenes Brauchtum und unsere eigene sorbische Sprache“, so der 80-Jährige.
Arielle Kohlschmidt und Jan Hufenbach sind „Raumpioniere“. Gelandet sind sie 2009 in Klein Priebus, ein Dorf mit aktuell 78 Einwohnern direkt am Neißeufer etwa 40 Kilometer nördlich von Görlitz. Jetzt beraten und vernetzen sie Städter, die aufs Land ziehen wollen. Raumpioniere sind für Jan und Arielle Bahnbrecher und Wegbereiter. Sie sind Trendsetter gegen den Trend. Sie siedeln in Gebieten, denen andere den Rücken kehren.
Manchmal braucht es einen langen und manchmal sogar einen sehr langen Atem. Jacek Jakubiec setzt sich seit fast 50 Jahren dafür ein, dass Schloss Schwarzbach (Dwór Czarne), ein Renaissanceschloss aus dem 16. Jahrhundert vor den Toren von Jelenia Góra, gerettet und saniert wird. Es wurde zur Lebensaufgabe des 80-Jährigen. Seine Vision für das Schloss: Ein Zentrum für Denkmalschutz und Denkmalpflege in der Euroregion Neiße. Die Pläne gibt es bereits, auch die Menschen, die das Projekt unterstützen. Jetzt fehlt nur noch das Geld: Derzeit belaufen sich die Schätzungen auf 25 Millionen Euro für die Sanierung und den Ausbau des Schlosses samt Gutskomplex.
Görlitz ist ihre Stadt. Erika Heine ist hier geboren und aufgewachsen und hat immer in dieser Stadt gelebt. „Ich kenne hier so viele Menschen. Wenn ich durch die Straßen gehe, bin ich nur am Grüßen.“ Und sie schwärmt weiter: „Die Parks, das viele Grün und der Fluss.“ Schon immer hat sie auch der Ostteil der Stadt, interessiert.
Von dem ehemaligen deutschen Kriegsgefangenenlager Stalag VIII A südöstlich von Zgorzelec ist nicht mehr viel zu sehen. Baumaterial war nach dem Krieg knapp, so wurden die Baracken abgetragen. Die Natur hat alles überwuchert. Es gibt nicht viel zu sehen, wenn man die angelegten Wege über das ehemalige Stammlager (Stalag) geht. Aber die Texte des Audioguides und die Schautafeln mit den Biografien einzelner Gefangener lassen das unendliche Leid erahnen, das Menschen hier zugeführt wurde. Die Natur hat vielleicht alles überwuchert, aber die Narben und Verletzungen der ehemaligen Kriegsgefangenen, der Angehörigen und Nachkommen bleiben. Sie überwuchern nicht, sie geraten höchstens in Vergessenheit.
Das Görlitz östlich der Neiße bezeichnet Wolfgang Rösler heute als „Heimat meiner Kindheit“. Damit war 1945 schlagartig Schluss – sowohl mit der Heimat als auch mit der Kindheit.
Agnieszka Spirydowicz hat eine Vision: In zehn Jahren ist die Lausitz ein Zentrum für erneuerbare Energien in Europa. „Es ist eine Energieregion und die soll es auch bleiben, aber eben in Zukunft nicht mehr mit Abbau und Verstromung von Kohle.“ Doch der Weg dahin ist noch weit.
Dr. Michael Schlitt redet nicht gerne über sich selbst. Er erzählt begeistert von den engagierten Menschen und der starken Zivilgesellschaft in Ostritz, eine Kleinstadt in Sachsen zwischen Zittau und Görlitz. Der 65-Jährige leitet seit 27 Jahren die Stiftung Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal (IBZ) in den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden der gleichnamigen barocken Klosteranlage direkt an der Neiße.
Grzegorz Dusza hat als Englischlehrer seinen eigenen pädagogischen Stil entwickelt. In seiner Freizeit organisiert er regelmäßig Events für Reggae und Dub-Musik im Dreiländereck.
Elf Jugendliche aus Polen, Tschechien und Deutschland arbeiten konzentriert an ihrem Film „Always Connected“. In wenigen Stunden ist Premiere und der Streifen wird im Rahmen des Neiße-Filmfestivals erstmals in der Öffentlichkeit auf der großen Leinwand gezeigt. Die Nervosität steigt, die letzten Arbeiten müssen noch erledigt werden.
Michaela Herlingová bezeichnet sich als Europäerin. Sie wohnt im Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland. Geboren und aufgewachsen ist sie in Nordböhmen nahe der Grenze zu Polen und Deutschland. Seit bald 20 Jahren lebt sie in Zittau. Ihr Mann stammt aus Chemnitz. „Ich denke nicht in Nationalstaaten“, so die 39-Jährige in einem Gespräch am Dreiländereck am Neißeufer.
Willkommen auf meinem Blog. In wenigen Tagen starte ich meine journalistische Reise entlang der Deutsch-Polnischen Grenze mit dem Fahrrad.