Trockenrasen oberhalb der Oder

Ewa Drewniak hat einen Master in Umweltschutz von der Universität in Stettin und ist in mehreren Naturschutzorganisation in Polen aktiv. Ihre Berufung hat sie aber in dem kleinen Ort Owczary oberhalb der Oder zwischen Kosztrzyn nad Odrą und Słubice. Das Besondere an diesem sonst unscheinbaren Ort mit einer Durchgangsstraße sind die etwa 30 Hektar Trockenrasen über dem Flusstal. Es gehört zu den größten und wichtigsten Trockenrasengebieten in Polen.

Seit 26 Jahren engagiert sich die Naturschützerin für den Erhalt der Trockenrasenflächen und das einzige Wiesenmuseum (Muzeum Łąki) in Polen. „Es ist wichtig, dass jemand dieses Gebiet schützt. Es ist mein Idealismus, dass ich hier bin und um den Erhalt dieser ökologisch wichtigen Flächen kämpfe.

Der Lubuski Naturschutzverband konnte die Flächen in den 90er Jahren teilweise übernehmen und somit dauerhaft schützen. Er konnte auch ein Wirtschafts- und Wohngebäude in einer ehemaligen Schafzuchtanlage in Owczary übernehmen. Der Verband baute eine Naturschutzstation auf und richte eine Herberge sowie das Wiesenmuseum ein. Auf dem ehemaligen Hof kümmert sich Ewa auch um eine kleine Schafherde. „Die brauche ich zur Wiesenpflege und zum Erhalt des Trockenrasens. Die Tiere verhindern, dass sich Gestrüpp und Buschwerk wieder ausbreitet.“ Sie betont aber, dass es bei den Schafhaltung nicht um Landwirtschaft gehe. „Die Schafe machen Naturschutz.“

Trockenrasen brauchen ein warmes Klima, vor allem hohe Bodentemperaturen. Meist entwickeln sie sich auf ehemaligem Weideland oder gerodeten Flächen. Sie sind Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere. „Das macht sie so schützenswert, denn sie leisten einen wichtigen Beitrag zu unserer Artenvielfalt.“  Diese Trockenrasen begeistern Menschen auch aufgrund ihrer ständig wechselnden Blütenpracht, die schon früh im Jahr beginnt. „In dieser offenen Landschaft gibt es aber auch zahlreiche Tiere, die nur hier überleben können. Das Museum und die Wiesen seien in Polen bekannt, erzählt Ewa. „Deshalb kommen auch viele Menschen hierher“, freut sie sich über das Interesse. „Trotzdem sei es oft frustrierend, da sie viel zu wenig Unterstützung von staatlicher Seite für ihre Arbeit bekommt.“

Die Umweltwissenschaftlerin kümmert sich nicht nur um die Wiesen selbst, sondern versteht die Naturschutzorganisation und das Wiesenmuseum auch als Bildungseinrichtung und Netzwerk für Naturschützer. „Interessierte und auch Schulklassen erfahren hier alles über die ökologische Bedeutung der Wiesen und Trockenrasen. Es gibt Workshops mit praktischen Arbeitseinheiten, fachlichen Austausch, aber auch Führungen über die Hügellandschaft oberhalb der Oder.“

Immer wieder versucht Ewa Menschen zusammen zu bringen, um Naturschutz, sanften Tourismus und Umweltbildung zu ermöglichen. Von der Bürokratie der Antragstellung ist sie wenig begeistert. „Deshalb beteilige ich mich mit dem Wiesenmuseum lieber bei Projekten als Partnerin.“ 

Auch wenn Trockenrasen hoch über der Oder ihr Spezialgebiet ist, so beteiligt sie sich auch am Schutz der Oder. „Die Oder ist für die ganze Region wichtig.  Es ist nicht nur das Salz aus der Industrie, das der Oder zu schaffen macht. Es ist der Ausbau. Dadurch wird das Tal immer trockener. Wir brauchen beides: Die Oderwiesen, die die Feuchtigkeit halten, und unsere Trockenrasen oberhalb von Owczary mit ihrer einzigartigen Artenvielfalt.“ Die Exponate des Wiesenmuseums im Haus hat sie inzwischen eingelagert, da sie zusätzliche Übernachtungsplätze brauchte. „Mein Museum sind jetzt die Wiesen selbst.“  Sie muss los, die Workshopteilnehmenden brauchen ihre Expertise.

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