Ich mach mal kurz Pause…
Von der Oder mit Fahrrad und Zug nach Berlin und von dort aus mit dem Zug nach Helmstedt. Meine erste Etappe ist damit beendet und Ihr müsst Euch ein paar Tage gedulden, bis ich wieder neue Texte von der Deutsch-Polnischen Grenze veröffentliche. In knapp zwei Wochen geht es von Frankfurt/Oder weiter Richtung Norden und Stettiner Haff. Es gibt schon viele Ideen und interessante Menschen, die ich während der nächsten Etappe treffen werde.
Wenn die Kohle Dörfer frisst
Das Archiv verschwundener Orte in Forst ist das Ergebnis des verlorenen Kampfes der ehemaligen Bewohner von Horno um ihr Dorf. 15 Jahre haben die Menschen um den Erhalt des Lausitzer Dorfes mit 320 Einwohnern gekämpft. Vergeblich. Horno musste 2004 den Kohlebaggern weichen. Das ehemalige Dorf ist 2005 in der Mondlandschaft des Braunkohletagesbaus Jänschwalde verschwunden. Der Großteil der Menschen zog in den zwischen 2002 und 2004 neu aufgebauten Ort Neu-Horno, etwa fünfzehn Kilometer von dem alten Dorf entfernt.
Polizeicampus ganz im Osten
Die Hochschule der Sächsischen Polizei hat ihren Sitz in Rothenburg/Oberlausitz, der östlichsten Kleinstadt Deutschlands. Pressesprecher Thomas Knaup erläutert, dass es Anfang der 90er Jahre eine politische Entscheidung war, diese Hochschule direkt an der polnischen Grenze auf einem Gelände der ehemaligen Luftstreitkräfte der Nationalen Volksarmee zu etablieren. Jährlich kommen 225 Studierende für das dreijährige Bachelorprogramm nach Rothenburg/Oberlausitz – etwa ein Drittel davon Frauen.
Sorbisches Brauchtum in der Lausitz
Manfred Nickel gehört zu der Volksgruppe der Sorben. Er lebt in Rohne, einem Ortsteil von Schleife im Landkreis Görlitz. Damit gehört er zu den Schleifer Sorben. Schätzungen gehen von etwa 60 000 Sorben aus, davon leben 40 000 in der Oberlausitz rund um Bautzen und 20 000 in der Niederlausitz rund um Cottbus. Die Gruppen unterscheiden sich durch Sprache, Trachten und Brauchtum. „Wir Schleifer Sorben sind zwar die kleinste Gruppe, aber auch wir haben unser eigenes Brauchtum und unsere eigene sorbische Sprache“, so der 80-Jährige.
Kreativ und glücklich in der Pampa
Arielle Kohlschmidt und Jan Hufenbach sind „Raumpioniere“. Gelandet sind sie 2009 in Klein Priebus, ein Dorf mit aktuell 78 Einwohnern direkt am Neißeufer etwa 40 Kilometer nördlich von Görlitz. Jetzt beraten und vernetzen sie Städter, die aufs Land ziehen wollen. Raumpioniere sind für Jan und Arielle Bahnbrecher und Wegbereiter. Sie sind Trendsetter gegen den Trend. Sie siedeln in Gebieten, denen andere den Rücken kehren.
Ein Leben für ein Schloss
Manchmal braucht es einen langen und manchmal sogar einen sehr langen Atem. Jacek Jakubiec setzt sich seit fast 50 Jahren dafür ein, dass Schloss Schwarzbach (Dwór Czarne), ein Renaissanceschloss aus dem 16. Jahrhundert vor den Toren von Jelenia Góra, gerettet und saniert wird. Es wurde zur Lebensaufgabe des 80-Jährigen. Seine Vision für das Schloss: Ein Zentrum für Denkmalschutz und Denkmalpflege in der Euroregion Neiße. Die Pläne gibt es bereits, auch die Menschen, die das Projekt unterstützen. Jetzt fehlt nur noch das Geld: Derzeit belaufen sich die Schätzungen auf 25 Millionen Euro für die Sanierung und den Ausbau des Schlosses samt Gutskomplex.
Ein Leben in Görlitz
Görlitz ist ihre Stadt. Erika Heine ist hier geboren und aufgewachsen und hat immer in dieser Stadt gelebt. „Ich kenne hier so viele Menschen. Wenn ich durch die Straßen gehe, bin ich nur am Grüßen.“ Und sie schwärmt weiter: „Die Parks, das viele Grün und der Fluss.“ Schon immer hat sie auch der Ostteil der Stadt, interessiert.
Erinnern, Gedenken, Mahnen
Von dem ehemaligen deutschen Kriegsgefangenenlager Stalag VIII A südöstlich von Zgorzelec ist nicht mehr viel zu sehen. Baumaterial war nach dem Krieg knapp, so wurden die Baracken abgetragen. Die Natur hat alles überwuchert. Es gibt nicht viel zu sehen, wenn man die angelegten Wege über das ehemalige Stammlager (Stalag) geht. Aber die Texte des Audioguides und die Schautafeln mit den Biografien einzelner Gefangener lassen das unendliche Leid erahnen, das Menschen hier zugeführt wurde. Die Natur hat vielleicht alles überwuchert, aber die Narben und Verletzungen der ehemaligen Kriegsgefangenen, der Angehörigen und Nachkommen bleiben. Sie überwuchern nicht, sie geraten höchstens in Vergessenheit.
„Wir fielen ins Bodenlose“
Das Görlitz östlich der Neiße bezeichnet Wolfgang Rösler heute als „Heimat meiner Kindheit“. Damit war 1945 schlagartig Schluss – sowohl mit der Heimat als auch mit der Kindheit.
Modellregion für grenzüberschreitende Energiewende
Agnieszka Spirydowicz hat eine Vision: In zehn Jahren ist die Lausitz ein Zentrum für erneuerbare Energien in Europa. „Es ist eine Energieregion und die soll es auch bleiben, aber eben in Zukunft nicht mehr mit Abbau und Verstromung von Kohle.“ Doch der Weg dahin ist noch weit.