Wielotów ist das Heimatdorf von Dorota Schewior. Ihre Eltern hatten eine kleine Landwirtschaft mit Kühen und Getreideanbau. „Ich wollte weg von dem Ort und der harten Arbeit in der Landwirtschaft.“ Sie lernte Köchin und war mit 21 Küchenleiterin. Aber es fehlte ihr die Arbeit in und mit der Natur. „Ich muss draußen sein.“ So ging sie nach der Wende als Erntehelferin und Saisonarbeitskraft an den Bodensee. „Dort habe ich gutes Geld verdient und die Arbeit auf verschiedenen Obstbaubetrieben kennengelernt“, blickt sie zurück. Und irgendwann hat sie für sich beschlossen: „Das kann ich auch.“
Mit 28 Jahren kam sie zurück in ihr kleines Dorf, kaufte ein Stück Land und machte sich mit Himbeer- und Erdbeeranbau selbstständig. „Meine Eltern waren dagegen, andere erklärten mich für verrückt. Mein Ziel war es von Anfang an, Kunden aus Deutschland nach Wielotów zu holen.“ Das klappte nicht sofort, denn wegen der Früchte kamen die Kunden nicht. Also begann die umtriebige Frau, Spargel anzubauen, den sie zunächst auf Wochenmärkten in Deutschland verkaufte, um bekannt zu werden. Immer mehr Kunden kamen auf den Hof, um die Stangen vor Ort zu kaufen. „Wir lockten sie zusätzlich mit Kaffee und frischem Erdbeerkuchen.“ Und so kam eins zum anderen: ein Gartencafé, noch ein zweiter überdachter Sitzplatz, der ehemalige Kuhstall wurde zum Restaurant ausgebaut und bekam noch einen Anbau. „Mittlerweile haben wir 300 Sitzplätze und an den Wochenenden, in der Spargelzeit und zu bestimmten Anlässen ist es hier voll.“
Das Wichtigste ist für die 54-Jährige, dass die Qualität der Früchte stimmt. Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Kulturheidelbeeren, Aroniabeeren sowie Spargel, Gurken und Tomaten wachsen rund um den Betrieb. Alle Früchte können von den Kunden selbst gepflückt oder im eigenen Laden gekauft werden. Spargel wird im eigenen Restaurant verarbeitet und im Hofladen verkauft. Am Beispiel der Erdbeeren, die in endlos langen Reihen unter Folientunnel auf zehn Hektar wachsen, zeigt sie die Besonderheit ihrer Kulturen: „Wir haben eine spezielle Sorte, die von Juni bis Oktober Früchte trägt. Sehr schmackhaft, aber sehr empfindlich.“ Deshalb wächst die Pflanze auch nicht zwischen Stroh in der normalen Erde, sondern in spezieller, krankheitsfreier Erde, die mit Bodengewebe abgedeckt ist. „Stroh mag zwar schön aussehen, aber die Gefahr, dass dieses Krankheitskeime und Ungeziefer enthält, ist groß.“ Eine Bewässerungsanlage bringt Wasser und Nährlösung tröpfchenweise zielgenau zu den Wurzeln. Die Tunnelüberdachung schützt die Pflanzen und Früchte vor Spritzwasser durch Regen und somit vor Krankheiten durch Feuchtigkeit. „Die Erdbeerpflanzen sind sehr sensibel und müssen genau beobachtet werden“, so die Fachfrau. Ich gehe regelmäßig durch die Reihen und schaue nach Schädlingen. Sobald ich mehrere sehe, bestelle ich Nützlinge, die die Schädlinge auffressen. „Die Kunden können sich darauf verlassen, dass die Qualität immer gleich ist und nicht unter Witterung oder Schädlingen leidet.“
„Ich habe immer an meine Idee geglaubt“, sagt sie zufrieden inmitten ihrer Blütenpracht, die sich durch die ganze Anlage zieht. „Ja, manche kommen auch wegen der Blumen“, lacht sie. „Das ist mein Hobby, darum kümmere ich mich selbst“, erklärt sie, während sie an verblühten Rosen zupft. „Die muss ich nachher noch schneiden.“ Etwa 20 Mitarbeitende sind dauerhaft auf dem Betrieb beschäftigt – auf dem Feld und in der Gastronomie. In der Hauptarbeitszeit von April bis Oktober sind bis zu 50 Saisonarbeitskräfte beschäftigt. „Es sind überwiegend Frauen aus der Ukraine“, so Schewior. „Viele kommen schon jahrelang und freuen sich, dass sie hier gutes Geld verdienen können, so wie ich damals am Bodensee.“
„Es ist alles miteinander verbunden und führt als Gesamtheit zum Erfolg“, verrät Schewior das Erfolgsrezept. „Wer zum Erdbeerpflücken kommt, bleibt zum Mittagessen oder Kaffeetrinken, während die Kinder auf dem großen Gelände spielen oder sich an Esel, Hühnern und Rotwild erfreuen. Mancher nimmt vielleicht noch Spargel für zu Hause mit und bestellt die Weihnachtsgans oder meldet sich zum Gansessen im Winter bei uns an.“
„In mir steckt Dorf und Landwirtschaft, aber eben eine andere Art von Landwirtschaft als die meiner Eltern“, so die überzeugte Landwirtin. „Ich liebe diesen Beruf und das, was ich täglich mache.“ Es sei immer spannend und jeden Tag frage sie sich: Was ist gut gelaufen und was kann man noch besser machen?“ Aber Angst vor Arbeit dürfe man nicht haben. „Ich gehe auch mal ins Konzert oder fahre in den Urlaub“, gibt sie zu. „Aber ist nicht der Erfolg schon eine Art Entspannung?“
Ja, neue Projekte gäbe es auch: So möchte sie im nächsten Jahr einen Teil der Erdbeeren probehalber in Stellagen, also nicht auf dem Boden, sondern eine Etage höher anbauen. „Das könnte die Arbeit für alle erleichtern.“ Und dann gibt es in diesem Jahr wieder ein Oktoberfest auf dem Hof. „Wir erwarten 300 bis 400 Gäste. Es gibt polnische und bayerische Spezialitäten, eine polnische und eine bayerische Blaskapelle.“ Auch ihre Mitarbeitenden und die Saisonkräfte werden mitfeiern. Die Dekoration wird rot-weiß in den polnischen Nationalfarben sein.