Es ist ein gemeinsames Projekt des Paares aus ihren verschiedenen beruflichen Kontexten heraus. Krüger ist Kulturkoordinatorin für die Europa-Universität Viadrina und die Stadt. Pachmann ist Hochschulseelsorger an der Viadrina. „Es gibt hier keine Hochschulgemeinde, da die Uni klein und jung ist und ein Großteil der Studierenden und der Mitarbeitenden einpendelt. Deshalb initiiere ich Projekte und suche Kooperationspartner*innen, um mit der Stadtgesellschaft und den Studierenden ins Gespräch zu kommen. Da bietet die Skulptur viele Möglichkeiten.“ Beide machten sich stark, dass die 25 Tonnen schwere Skulptur nach Frankfurt kommt, suchten einen Träger sowie Sponsoren und warben Fördermittel ein. Es hat geklappt, die Skulptur steht und sorgt für kontroverse Diskussionen in der Stadt.
Joanna Rajkowska, SORRY, 2022, Skulptur in Frankfurt (Oder), Beton, Glas, mit freundlicher Genehmigung der Wielkopolskie Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych. Foto: Patrick Szalewicz
„Sorry“ steht für das oft leichtfertig dahingesagte Wort als Entschuldigung. „Oft ist dieses „Sorry“ aber nicht wirklich ernst gemeint, sondern eher eine Ausrede, so weiterzumachen wie bisher, erklärt Krüger. „Das Konzept der Skulptur aus Mauerelementen und „Sorry“ ist einerseits so simpel und doch so komplex“, philosophiert Pachmann über das Kunstwerk.
Entstanden ist die Idee für das Kunstwerk, das zunächst in Poznań stand, 2021 als Geflüchtete aus dem Nahen Osten monatelang an der polnisch-belarussischen Grenze hausen mussten. Laut Künstlerin kann die Skulptur immer wieder in einen anderen Kontext gestellt werden. Für sie ist Frankfurt ein idealer Standort, um das Thema Oder in den Mittelpunkt zu stellen. „Aber die Skulptur ist auch auf alle anderen „Sorry-Themen“ anwendbar“, ermuntert Krüger zur Diskussion.
„Wir bieten rund um die Skulptur viele Veranstaltungen an, um Diskussionen in der Stadt anzuregen“, erklärt Pachmann. So tragen Geflüchtete aus der Ukraine persönliche Geschichten vor. Die Initiative „Students for Climate Justice“ nutzte die Skulptur unter dem Motto „Sorry, Oder“ um auf das Thema „Müll im öffentlichen Raum“ aufmerksam zu machen. Die Skulptur wurde vorübergehend zur Installation zu und mit Müll. Eine Performance setzt sich mit Russlands Krieg gegen die Ukraine und den Montagsdemonstrationen auseinander. Laut Pachmann ist auch, eine Demo zu „Racial Profiling“ bei Grenzkontrollen geplant.
„Es soll ein Ort sein, an dem sich Menschen und Organisationen mit Problemen der Stadt auseinandersetzen können“, so Krüger. „Die Skulptur soll auffordern, kontrovers ins Gespräch zu kommen.“ Krüger plant auch ein Strickprojekt rund um die Skulptur, um über die Tätigkeit andere Gruppen auf „Sorry“ aufmerksam zu machen. „Es ist schwierig, Menschen, die zu der Skulptur eine ablehnende Haltung haben, hierher zu bekommen. Bestenfalls schaffen wir hier einen Ort, an dem sich Menschen immer wieder zu unterschiedlichen Themen aus unterschiedlichen Perspektiven auseinandersetzen können.“
Im Raum steht auch die Frage: „Was will Kunst im öffentlichen Raum?“ Hier ist die Antwort klar: „Sie will zur Diskussion anregen.“ Krüger zeigt auf eine Bronze „Mutter und Kind“ in unmittelbarer Nähe. Gerade angesichts der vielen Skulpturen aus der DDR-Zeit im öffentlichen Raum setzt dieses „Denkmal für die Irrwege und kollektiven Fehler der Menschheit“, wie die Künstlerin selbst ihr Werk interpretiert, einen Kontrapunkt.
Wer die Skulptur richtig erfassen will, muss die Perspektive wechseln und auf die Brücke zwischen Frankfurt und Słubice gehen. Erst von oben ist das „Sorry“ zu erkennen. Im Hintergrund stehen Fahrzeuge und Mitarbeitende der Bundespolizei und machen stichprobenartig Personenkontrollen. Daneben wirbt die Doppelstadt mit einem großenSchild „Ohne Grenzen“. Somit hat die Skulptur für Krüger und Pachmann auch eine deutsch-polnische Dimension: Eine polnische Künstlerin mit starken politischen Positionen zeigt ihre Arbeit in Deutschland direkt an der Oder als grenzenlosen Naturraum in unmittelbarer Nähe zu Grenzkontrollen.