Jacek Jakubiec ist Architekt und arbeitete nach dem Studium als Wissenschaftler an der Universität Breslau (Wrocław). „Dann kam 1968, ich engagierte mich und beteiligte mich an Protesten. Es folgten zwei Monate Knast und ich musste mich von der Hochschule verabschieden.“ 1971 konnte er als Stadtplaner in Jelenia Góra anfangen. „Ich sollte einen Flächennutzungsplan erstellen, aber es gab ein ungelöstes Problem, und zwar eine Monsterfabrik mit mehreren tausend Beschäftigten. Aus Zellulosefasern wurde Modal und Viskose für die Textilindustrie hergestellt. Die Flüsse Zacken (Kamienna) und Bober (Bóbr) waren total zerstört und die giftigen Abgase hingen im Talkessel. Was sollte ich planen, wenn diese Fabrik Mensch und Umwelt zerstört?“ Jakubiec nahm den Kampf auf. Gemeinsam mit Wissenschaftlern, Ärzten, Tourismusfachleuten und Bürgern protestierte er gegen die Zerstörung der Umwelt durch die Industrie. „Nach 19 Jahren, kurz vor der Wende, war das Ziel erreicht und die Fabrik wurde geschlossen.“
1974 kam sein ehemaliger Professor von der Uni Breslau (Prof. Jerzy Rozpędowski) nach Jelenia Góra und zeigte ihm Dwór Czarne. „Ich war sofort begeistert von diesem Schloss mit dem Innenhof und dem ehemaligen Wassergraben.“ Zu dieser Zeit nutzte die LPG die Wirtschaftsgebäude und war auch für das Schloss verantwortlich. Die letzte deutsche Familie hatte das Schloss 1946 verlassen. Seitdem war es bis auf wenige Ausnahmen unbewohnt. „Als ich nach zwei Jahren wieder vorbeischaute, sah ich die Katastrophe. Das Gebäude war einsturzgefährdet.“ Die LPG hätte das Gebäude am liebsten abgerissen, die Konservatorin vom Denkmalamt verhinderte das. „Immer wieder gab es Beratungen mit allen Beteiligten vor Ort – ohne Ergebnis.“ Zwischen 1983 und 1987 konnte das historisch wertvolle Gebäude endlich mit Geldern der Denkmalpflege gesichert werden. Jakubiec hatte mittlerweile als ehrenamtlicher Verwalter Vollmachten und konnte Entscheidungen treffen. Er bekam auch die Erlaubnis, im Schloss zu wohnen. „Da ich mich vom Planungsamt der Stadt während des Kriegsrechts verabschiedet hatte, nutzte ich die Jahre, um intensiv am und über das Schloss zu forschen.“ Damit hat der Architekt Ende der 1980er Jahre einen Teilerfolg erreicht: Das Schloss war gesichert und es gab umfangreiche Veröffentlichungen zur Geschichte und zur bauhistorischen Forschung.
Parallel engagierte sich Jakubiec in der Stiftung für ökologische Kultur (Fundacja Kultury Ekologicznej), die er 1990 mitgegründet hat. Als Architekt sieht er einen Zusammenhang zwischen ökologischer Sanierung von Regionen und der Erhaltung und Sanierung von Kulturdenkmälern. Er überzeugte auch andere Engagierte in der Stiftung, dass „sowohl Landschaft als auch Denkmäler Teil der Umwelt sind.“ Somit wurde der Unterstützerkreis für das Schloss immer größer.
Dann kam die Wende. Die LPG als ehemaliger Schlosseigentümer gibt es nicht mehr. Die Stiftung hat das Schloss, die Stadt die Wirtschaftsgebäude übernommen. Der Visionär hat sich nach der Wende für eine grenzüberschreitende Vernetzung eingesetzt. Er war maßgeblich bei der 1991 gegründeten Euroregion Neiße beteiligt. Für Jakubiec ein Meilenstein, denn drei Grenzgebiete, die bisher voneinander isoliert waren, und in denen jahrzehntelang Raubbau an der Natur verübt wurde, arbeiteten nun zu bestimmten Themen, wie zum Beispiel Erhalt von Denkmälern zusammen. Sie erkannten alle das reiche historische Erbe und das große Potenzial dieser Region im Herzen Europas.
Denkmäler brauchen Handwerker
Und Dwór Czarne am Eingang zum berühmten Hirschbergertal am Fuße des Riesengebirges könnte eine wichtige Rolle spielen. In den letzten 30 Jahren entwickelte der Architekt und Stadtplaner mit vielen Fachkollegen aus Polen, Tschechien und Deutschland Pläne für Dwór Czarne: Zentrum für Denkmalschutz und Denkmalpflege in der Euroregion Neiße. „Wir haben hier eine Region mit der höchsten Konzentration an Kulturdenkmälern in Europa“, begründet Jakubiec seine Vision. Er zeigt eine Landkarte aus dem „Lexikon der Burgen in Polen“. „Die Konzentration der Baudenkmäler im südwestlichen Teil von Polen ist deutlich sichtbar. Die Situation auf der tschechischen und sächsischen Seite ist vergleichbar.“
Wenn diese Vielzahl an Gebäuden – Schlösser, Burgen, Herrenhäuser, Umgebindehäuser, Stadt- und Dorfensembles – gerettet, saniert und dauerhaft erhalten werden sollen, braucht es Handwerker mit denkmalpflegerischem Know-how. Jacek zählt auf: Maurer, Steinmetz, Stuckateur, Zimmerer und Dachdecker, aber auch ausgefallenere Berufe wie Holzbildhauer, Ofensetzer, Kunstschmied, Glasmaler oder Vergolder werden gebraucht. Doch Handwerker sind knapp und das nach seinen Analysen in der gesamten Euroregion Neiße.
Jakubiec sieht einen großen Unterschied zwischen Natur und Denkmälern: In der zerstörten Natur beginnen Selbstheilungsprozesse, wenn die Ursachen verschwinden. Aber ein kaputtes Denkmal stellt sich nicht selbst wieder her. Es braucht Fachleute, also qualifizierte Handwerker. Er denkt noch weiter: Das Handwerk ist die Voraussetzung, um die Denkmäler zu erhalten, aber Denkmäler sind auch eine Chance für die Zukunft des Handwerks und alter Handwerkstechniken.
Impuls für die Stadt und die Region
Dass das alles funktionieren kann, haben bereits etliche Projekte gezeigt. Immer wieder gab es auf Schloss Schwarzbach Fachkonferenzen für Denkmalpflege im Dreiländereck sowie Seminare, Workshops und Fortbildungen für Handwerker. Jakubiec denkt auch hier weiter und größer: Das Schloss selbst soll für Konferenzen, kulturelle und künstlerische Veranstaltungen genutzt werden und auch für Touristen zugänglich sein. Für den Keller des Westflügels hat er Restaurant und Weinstube vorgesehen. In den Wirtschaftsgebäuden könnten Werkstätten und Schulungsräume unterkommen. Ferner braucht es Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten für Lehrgangsteilnehmende und Dozenten. Ein Handwerksmuseum könnte zusätzliche Touristen anlocken. Die historischen Gebäude sollen in eine etwa zwei Hektar große Garten- und Parkanlage eingebettet werden. Jakubiec geht davon aus, dass 120 neue Arbeitsplätze entstehen.
„In drei Jahren könnte alles fertig sein“, gibt sich Jakubiec optimistisch. „Es müssen sich nur alle Entscheidungsträger zu dem Projekt bekennen, dann wird es auch das Geld geben.“ Und dann hätte er sein Lebensziel erreicht: Die Rettung von Dwór Czarne und ein Bildungs- und Forschungszentrum für Handwerk im Denkmal und Restauratoren mit starken Partnern und einem großen Netzwerk in der gesamten Euroregion Neiße. Von dort könnte die Rettung und Sanierung der historischen Bausubstanz in Schlesien, Nordböhmen und Oberlausitz ausgehen. Und die Region wäre noch attraktiver für Kultur- und Naturtouristen.