„Wir konzentrieren uns auf wenige Projekte, um nicht frustriert zu sein.“ Begeistert erzählt er von elf Wisent-Herden in Pommern in einem Gebiet etwa 100 Kilometer westlich von Stettin. Das Wisent ist das größte Landsäugetier Europas. In der freien Wildbahn ist es schon lange verschwunden, allerdings gab es noch ein paar Exemplare in verschiedenen Zoos. „Vor 20 Jahren gelang es einem unserer Kooperationspartner, eine Population in Pommern anzusiedeln und mittlerweile sind es elf Herden mit insgesamt knapp 350 Tieren“, so der Biologe. „Genug Tiere, damit sie auch neue Regionen in Pommern besiedeln könnten. Aber sie tun es nicht“, erklärt der Wissenschaftler, der hauptberuflich an der Universität Stettin arbeitet. Deshalb freut er sich, dass GAJA gerade Teil eines internationalen Projektes ist. Mittels Analyse von aktuellen Satellitendaten sollen Eignungsgebiete für die Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs bzw. des Gründen Bandes Europa identifiziert werden. Beteiligt sind außer Polen noch Deutschland, Tschechien, Slowenien, Österreich und Italien. Etwa 25 Prozent der Wisente in Pommern sind mit GPS-Halsbändern ausgestattet, so dass die Wanderungsbewegungen analysiert werden können. „Wir versuchen herauszubekommen, warum sich die Herden nicht Richtung Norden, also Richtung Ostsee, und Westen, also Richtung Oder, ausbreiten“, erklärt Jakub die Aufgabenstellung. Die Vermutung ist, dass Verkehrsinfrastruktur, also Straßen und Eisenbahntrassen der Hauptgrund sind. „Es gibt zwar Übergänge für Wild, aber vielleicht sind sie nicht an den richtigen Stellen. Hier erhoffen wir uns Antworten.“
„In der polnischen Bevölkerung genießt das Wisent große Akzeptanz. Alle wollen das Wisent“, so Jakub. Dazu habe es viel Aufklärungsarbeit gegeben. Obwohl in Polen im Herbst viele Menschen in den Wäldern unterwegs sind, um Pilze zu sammeln, gäbe es keine Probleme zwischen Mensch und Wisent. „Die Tiere meiden den Kontakt zu Menschen. Solange man Abstand hält, gibt es keine Probleme.“
Allerdings käme es immer wieder vor, dass Jäger illegal Tiere abschießen. „Es gibt zwar Geldstrafen, die sind aber im Vergleich zum Wert der Trophäe gering“, kritisiert der Naturschützer. Er fordert zusätzlich ein vorübergehendes Jagdverbot und mehr Aufklärung unter den Jägern. „Wir wissen, dass 2022 61 Jungtiere geboren wurden, gleichzeitig sind 24 illegal abgeschossen worden. Die Population ist also nicht signifikant angestiegen. „Jedes getötete Tier ist ein Problem für den Genpool der Wisente“, so der Wissenschaftler. Um Konflikte mit Landwirten durch Ernteschäden zu vermeiden, werden die Herden ständig von einem Wisent-Wiederansiedlungszentrum kontrolliert. Es wird überwacht, dass die Herden nicht zu groß werden. „Eventuell müssen Herden geteilt oder Tiere umgesiedelt werden.“ Falls es doch einmal zu Schäden auf Äckern komme, gäbe es für Landwirte unkompliziert Entschädigung.
Jakub hält es für sehr unwahrscheinlich, dass Wisente aus Polen nach Westen wandern und sich eine neue Herde in Deutschland ansiedelt. „Die Oder ist eine natürliche Barriere.“ Vor ein paar Jahren habe es zwar mal ein Wisent durch die Oder nach Deutschland geschafft. „Das war aber ein Einzelfall. Leider wurde das Tier in Deutschland von einem Jäger erschossen.“ Der Naturschützer weiß aber von Diskussionen in Deutschland, dieses große Säugetier südlich des Haffs, westlich von Stettin und somit westlich der Oder im Grenzgebiet anzusiedeln. „Da gibt es keinen Fluss als natürliche Barriere, so dass die Wisente grenzenlos unterwegs sein könnten. Aber das wird noch einige Jahre dauern“, mutmaßt Jakub. „So ein Projekt muss gut vorbereitet werden, damit es keine Abwehr aus der Bevölkerung gibt.“ Naturschutz kann nur gelingen, wenn die Bevölkerung es mitträgt, weiß er aus langer Erfahrung.
Ein anderes wichtiges Projekt des Vereins sind Alleen. Es ist ein grenzüberschreitendes Projekt zusammen mit dem Landkreis Vorpommern-Greifswald. „Westpommern ist die Region mit den meisten Alleen in Polen“, unterstreicht er die Bedeutung des Projektes. „Allein auf polnischer Seite werden darüber mehr als 800 Kilometer Alleen betreut.“ Es geht um eine Bestandaufnahme, um die Erarbeitung eines Konzeptes zur Instandsetzung und zur Pflege der Alleen sowie um den dauerhaften Schutz. „Obwohl bekannt ist, wie wichtig Alleen für die Artenvielfalt und das Klima sind, fielen in Polen in den letzten Jahren viele Kilometer Alleen dem Straßenbau zum Opfer. Damit ist jetzt hoffentlich Schluss, denn wir haben es geschafft, den Schutzstatus zu ändern. Standen Alleen bisher nur unter Naturschutz, so ist zum Beispiel eine besonders wertvolle Buchenallee jetzt ein historisches Monument und steht damit unter Denkmalschutz. Damit wird es in Zukunft schwieriger, Alleen zu zerstören.
Jakub berichtet, dass der Verein seit 2015, seit die rechtskonservative PiS-Partei an der Regierung ist, kontinuierlich weniger Geld erhielt. „Mittlerweile bekommen wir gar kein Geld mehr.“ Jakub mag sich gar nicht ausdenken, was passiert, wenn die Partei ein drittes Mal an die Macht kommt. „Uns fehlen jetzt schon die Eigenmittel, um uns für Projekte zu bewerben.“ Immerhin gäbe es noch etwas Unterstützung für GAJA aus Europa.
Der Verein hat nur 30 Mitglieder, so dass die Mitgliedsbeiträge zu vernachlässigen sind. Jakub weiß, dass die deutschen Naturschutzverbände viele Mitglieder haben. „Das ist in Polen anders. Das zivilgesellschaftliche Engagement in Nichtregierungsorganisation ist auf einem ganz anderen Level.“ Menschen in Polen spenden zwar viel Geld, aber im Fokus stehen hier eher soziale Projekt. „Gerade jetzt in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten hat Naturschutz bei den Menschen keine Priorität.“ Jakub will weitermachen. „Wir setzen das wenige Geld, was wir haben, für Projekte ein, bei denen wir konkrete Ergebnisse für den Naturschutz erreichen. Damit können wir an die Öffentlichkeit gehen und auf uns aufmerksam machen.“ Er weiß, wie viele Menschen mittlerweile die Bedeutung der Alleen für Umwelt und Menschen erkannt haben. „Und die Menschen in Polen sind auch ein wenig stolz, dass es in Pommern Wisente gibt und Polen in dieser Hinsicht auch ein wenig als Vorbild in Deutschland gilt.
Foto Wisent © Aneta Kozłowska; Foto Allee © Jacinki-Nacław