Durch persönliche Kontakte der Polnischlehrer gab es bereits in den 1960er Jahren Begegnungen von deutschen und polnischen Lehrkräften und Schülern. Es folgten Ferienlager in Polen, in denen deutsche Lehrkräfte polnischen Kindern, erste Erfahrungen mit der deutschen Sprache ermöglichten. Später konnten auch ausgewählte Schüler der damaligen Oberschule Karl-Liebknecht an den Ferienlagern teilnehmen, so dass diese sich immer mehr zu zweisprachigen Sommercamps entwickelten. „Das war auch der Grund, warum die Karl-Liebknecht-Schule 1973 als erste Schule in der DDR Unesco-Projektschule wurde“, erklärt der Schulleiter noch heute mit Stolz. Hintergrund war die Aufnahme der BRD und der DDR in die UN im September 1973. „Zu dieser Zeit war es etwas Besonderes, dass eine Schule in der DDR engere Kontakte mit Polen pflegte als mit der Sowjetunion. Die Kontakte reichten von Zusammenarbeit bis Freundschaften zwischen Lehrkräften und Jugendlichen.“
In den 1980er Jahren gab es aufgrund geschlossener Grenzen zu Polen keine Sommercamps mehr, aber laut Kleefeld bemühten sich die Lehrkräfte weiterhin, die Kontakte zu polnischen Kollegen so gut wie möglich zu pflegen. Nach der politischen Wende wurde die staatliche Einheitsschule Karl-Liebknecht städtisches Gymnasium und nahm die polnische Sprache im Schulprofil auf. Seit 1992 gibt es mindestens eine Klasse in jedem Jahrgang, für die Polnisch die zweite Fremdsprache ist. Außerdem können seitdem jedes Jahr bis zu 26 Schüler und Schülerinnen aus Polen pro Jahrgang die Schule besuchen. Dafür gibt es ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren. „Das wurde und wird sehr gut angenommen“, so der Schulleiter.
Der Schwerpunkt „Austausch mit Polen und polnische Sprache“ wird seitdem kontinuierlich ausgebaut. Der Koordinator für die polnischen Projekte Friedemann Graf erläutert, dass es mittlerweile drei Klassen pro Jahrgang gibt, die polnisch auf verschiedenen Niveaustufen lernen. „In Frankfurt leben immer mehr bilinguale Familien. Es gibt deshalb viele Kinder, die mit großen Vorkenntnissen in die Schule kommen.“ Manche können die Sprache nur sprechen, manche auch schreiben. „Darauf mussten wir reagieren, so dass es jetzt Klassen für Anfänger, Fortgeschrittene und Experten gibt.“
Um das Polnisch noch weiter zu fördern, initiiert die Schule immer wieder neue Projekte. „Hier muss man nur über die Brücke der Doppelstadt gehen und schon kann man die Sprache anwenden, die man in der Schule lernt. Eine bessere Möglichkeit, eine Fremdsprache zu lernen, gibt es fast nicht“, beschreibt Graf die Chancen. So kam die Idee, Schüler aus beiden Ländern regelmäßig gemeinsam zu unterrichten. Einmal wöchentlich gehen die Hälfte einer polnischen Klasse und die Hälfte einer deutschen Klasse in die jeweils andere Schule, um bilingual in deutsch-polnischen Schülertandems zu lernen. Die Schülertandems lernen im 14-tägigen Wechsel in Frankfurt (Oder) und Słubice. Der Unterrichtsort bestimmt die jeweilige Unterrichtssprache. „Für uns Lehrkräfte ist das ein großer Aufwand, da es keine Lehrpläne für dieses Modell gibt. Wir sprechen uns genau ab, was in den bilingualen Stunden vermittelt wird, damit es zu dem Lernstoff beider Länder passt“, erklärt Graf. „Aber es lohnt sich. Die Motivation, die Sprache zu lernen, steigt, es entstehen Freundschaften über die Oder hinweg, die Jugendlichen erwerben Sprach- und Kulturkompetenzen.“
Die Nachfrage nach Auszubildenden und Arbeitskräften mit guten Deutsch- und Polnischkenntnissen ist groß. Kleefeld berichtet von regelmäßiger Berufswerbung der Bundespolizei und des Zolls, aber auch von der Wirtschaft in den Polnischklassen.
Alle zwei Jahre gibt es an dem städtischen Gymnasium in dem denkmalgeschützten Gebäude die sogenannten Unesco-Projekttage. Im Mittelpunkt stehen globale Themen wie Nachhaltigkeit, fairer Handel, Lebenssituation von Jugendlichen auf verschiedenen Kontinenten. Wir pflegen Partnerschaften und organisieren Austausche nicht nur in Europa, sondern auch in Südafrika und Ägypten. Regelmäßig gibt es Spendenaktionen für verschiedene Hilfsprojekte weltweit. „Begegnungen von Schülern und Schülerinnen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu ermöglichen, ist die größte Nachhaltigkeit, die wir als Schule leisten können“, weiß Kleefeld aus Erfahrung. Das fängt im benachbarten Słubice an und geht über verschiedene europäische Länder bis nach Afrika.